Seit Weltmeister Christian Karembeu hat wohl kein Servettien mehr so viel Klasse versprüht, wie Gaël Clichy. Zwei Jahre nach dem Ende seiner Aktivkarriere spricht der ehemalige Defensivspezialist von Arsenal und Manchester City mit l'Equipe. Gegenüber der französischen Sportgazzette äussert er sich zu seiner Zukunft und blickt auf die letzten Saisons als Spieler zurück.
Den Moment für das Gespräch hat l'Equipe gut gewählt. Clichy verzichtete vor Kurzem auf eine Vertragsverlängerung beim französischen Fussballverband. Dort wirkte er zuletzt als Assistenzcoach bei der U21-Nationalmannschaft. Während den Olympischen Sommerspielen 2024 und der U21-Europameisterschaft letzten Juni sammelte er wertvolle Erfahrungen im Trainergeschäft. "Nun sei die Zeit gekommen, um in die Rolle des Cheftrainers zu schlüpfen", sinniert Clichy. Dies tut er im Bewusstsein, dass ihn ein weiteres Engagement als Assistent in eine Sackgasse führen könnte. "Es gibt sehr gute Leute, die sich nicht als Nummer eins fühlen und denen das Dasein als Assistent behagt. Die wollen der beste Assistenztrainer sein", Bei ihm sei dies jedoch anders. Er will mehr. Im Gespräch mit der Sportzeitung offenbart der Mann aus Toulouse, dass er sich schnellstmöglich beweisen möchte. "Wenn du dir Fragen stellst, weshalb ein Trainer gewisse Entscheidungen trifft und nicht etwas anderes ausprobiert, dann bist du in der falschen Position. Wenn du eine Antwort auf diese Fragen willst, dann musst du selbst zur Nummer eins werden. Wenn nicht, dann musst du deinem Chef den Rücken stärken und der bestmögliche Assistent sein!", fasst der Ex-Nationalspieler ehrgeizig zusammen.
Mit 40 Jahren ist Clichy bereit für den Posten als Cheftrainer. Angebote soll es bereits gegeben haben - aus Amerika, aber auch aus Europa. Französische Medien sahen in diesen Sommer bereits bei der USL Dunkerque (wir berichteten). Auch beim Servette FC wurde er kurzzeitig als Nachfolger von Thomas Häberli gehandelt (wir berichteten). Er muss sich selbst zwingen, nichts zu überstürzen. Vor dem ersten Engagement will er in Wales seine Prüfung zur UEFA Pro-Lizenz bestehen. Bis dahin muss er den Fussball "fressen". Sei es als TV-Experte während der FIFA Klub-WM, oder als Gast bei den renommiertesten Übungsleitern des Fussballgeschäfts. Zum Schwärmen bringt ihn Pep Guardiola, der ihn schon zu gemeinsamen Zeiten bei Manchester City beeindruckt habe. Einen weiteren wertvollen Rat gab ihm Portugal-Trainer Roberto Martínez. Dieser habe ihm geraten, keinen Verein auszusuchen, sondern dessen Besitzer. "Wie stehen sie zum Projekt? Lassen sie mir freie Hand? Kann ich eigene Leute im Staff einbauen?", dies seien Fragen, die es vor einer Unterschrift zu beantworten gäbe. Ihm sei bewusst, dass er seine Karriere nicht bei Arsenal oder Real Madrid lancieren werde. Viel wahrscheinlicher sei eine Anstellung in der Ligue 2 oder der französischen Drittliga. "Es ist egal, wie stark die Spieler sind. Mit Zeit und klaren Ideen kann man die Ziele erreichen, die man sich vornimmt. Dies hat mir die Zeit beim Servette FC gezeigt", konstatiert der frühere Linksverteidiger.
Lehrreiche Zeit in Genf und Istanbul
Wenn der Ex-Servettien an seine Zeit bei den Grenats zurückdenkt, dann offenbart er Spannendes. Sein Verhältnis zu Alain Geiger sei besonders gewesen. Besonders die Spielzeit 2022/2023, seine letzte als Spieler, sei prägend führ ihn gewesen. "In meiner letzten Saison habe ich die Trainingseinheiten jeweils als Spieler gestartet. Für die letzten vierzig Minuten überliess mir Geiger das Ruder. Ich durfte mitbestimmen, wie wir uns auf unsere nächsten Gegner vorbereiteten. Diese Erfahrungen haben mir in meiner Rolle bei der französischen U21 weitergeholfen." Auch die Zeit in der Türkei beim Istanbul Başakşehir FK war wertvoll. Als einer der Routiniers der Mannschaft tauschte er sich viel mit Coach Abdullah Avci aus.
Trotz seiner Rolle als inoffizieller "Spielertrainer" dachte Clichy, nach Ende seines Vertrags beim SFC, nicht direkt ans Aufhören. Ganz im Gegenteil - er sei kurz vor einem Wechsel zum Paris FC gewesen. Die Tinte war so gut wie trocken. Als 38-jähriger wollte sich der dreifache Premier-League-Sieger dem Klub aus der Ligue 2 anschliessen. "Mein Traum war es, Frankreich an den Olympischen Sommerspielen in Paris zu repräsentieren. Dafür wollte ich noch eine Saison spielen, um dann als einer von drei Akteuren über 23 Jahren für das Turnier aufgeboten zu werden", verrät Clichy bei l'Equipe. Es kam anders: "Thierry Henry rief mich zwei Tage vor Vertragsunterzeichnung an. Er wollte mich als Assistenten für Frankreichs U21-Nationalteam, welches er betreute. Auch wenn ich immer mit dem Gedanken gespielt habe, eines Tages Trainer zu werden - so richtig bereit für das Ende meiner Aktivkarriere war ich nicht. Vermutlich ist man nie richtig bereit. Es war Thierry, der mir die Augen geöffnet hat. Ich musste realistisch sein und mir eingestehen, dass meine Zukunft eher an der Seitenlinie, als auf dem Platz lag. Zudem war der Traum von den Olympischen Spielen so plötzlich greifbar." Der einstige Weltklasseverteidier hängte seine Schuhe an den Nagel und wechselte in Henrys Staff. Mit der Olympiaauswahl drang er bis ins Finale vor, wo man Spanien mit 3:5 nach Verlängerung unterlag. Ein weiterer Erfahrungsschatz, den Clichy in seinen Rucksack packen darf - und von dem er vielleicht schon bald als Cheftrainer profitieren darf.
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