In der heutigen Zeit ist es normal geworden, dass sich Fussballer für Karrierestationen in Saudi-Arabien entscheiden. Cristiano Ronaldo tat es, Ivan Rakitic auch, und seit dieser Woche steht mit Vincent Sierro auch ein schweizer Nationalspieler im Wüstenstaat unter Vertrag. Ethische und moralische Bedenken sind durchaus angebracht. Was man allerdings anerkennen muss ist die Tatsache, dass das Land verhältnissmässig als sicher eingestuft werden kann. Was aber, wenn selbst dies nicht gewährleistet werden kann?
"Von Reisen in den Iran wird abgeraten", so knapp fasst das "Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten" (kurz "EDA") die Lage im vorderasiatischen Staat zusammen. Es schwelt ein Konflikt mit Israel, der erst vor ein paar Wochen in Raketenbeschüssen gipfelte. Zwar ist Ende Juni ein Waffenstillstand vereinbart worden. Das Pulverfass ist damit aber längst noch nicht entschärft. Nebst der Auseinandersetzung mit Israel ist die iranische Regierung auch innenpolitisch gefordert. In Demonstrationszügen stellte sich das Volk sei 2022 mehrmals gegen das autoritäre Regime. Laut EDA soll es im Land auch immer wieder zu Versorgungsengpässen kommen. Und genau diesen Ort hat Enzo Crivelli zu Wochenbeginn als neuen Arbeitsplatz gewählt (wir berichteten). Mit seinem ablösefreien Wechsel zum Sepahan FC sorgte der Franzose für irritierte Gesichter. Niemand hätte damit gerechnet, dass der 30-jährige im Iran landet, als er seinen Wechselwunsch in Genf geäussert hatte. Finanziell wird sich das Engagement in Isfahan lohnen. Mit der Teilnahme an der AFC Champions League dürften auch interessante Reisen warten. Es winkt ein Leben in einer fragilen Blase. Doch ist es das wirklich wert? Crivelli wird es sich hoffentlich gut überlegt haben. Wir hoffen, dass sich das Abenteuer für den Stürmer nicht zum Albtraum entwickelt.
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— Don Amar Fcgb ⭐️⭐️ (@DonFcgb) August 18, 2025
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???? Libre depuis la fin de son aventure avec @ServetteFC en Suisse????????, l’attaquant s’est engagé pour les deux prochaines saisons, jusqu’en juin 2027, avec @sepahansport_sc ! pic.twitter.com/OixpjXJUjS
Crivelli steht mit seiner skurrilen Vereinswahl nicht alleine da
"Der Krieg im Gazastreifen zwischen Israel und der Hamas dauert an. Im besetzten Westjordanland, inklusive Ost-Jerusalem, bestehen hohe Spannungen und Gewalt ist allgegenwärtig. Es kommt zu regelmässigem Raketenbeschuss aus Jemen", auch dieser Reisehinweis des EDA liest sich nicht wie ein Werbetext aus einem Ferienkatalog. Doch auch hier entschied sich ein ehemaliger Servette-Akteur dazu, eine neue Herausforderung zu suchen. Arial Mendy verteidigt seit Juli für den FC Beitar Jersualem. Mit der Aussicht auf internationale Spiele machte der Wechsel sportlich durchaus Sinn. Zuvor lief der aus dem Senegal stammende Franzose für Grenoble Foot 38 "nur" in der heimischen Ligue 2 auf. Nachdem man in der Qualifikation zur UEFA Conference League am Riga FC (Lettland) scheiterte, ist der Traum von Europa aber auch in Jerusalem ausgeträumt. Abgesehen davon, was derzeit in Israel abläuft, darf Mendys Vereinswahl generell hinterfragt werden. Der FC Beitar Jerusalem gilt als sehr konservativ. Auch seine Fangruppierungen werden immer wieder mit rechtsextremistischen Organisationen in Verbindung gebracht. Arabischstämmige Muslime werden aus Prinzip nicht verpflichtet. Es ist niicht gerade der Ort, der man bei einem muslimischen Spieler wie Mendy als erste Adresse für einen Klubwechsel erwarten würde. Aber auch hier wird der Spieler mit den Konsequenzen leben müssen.
Von der Schweiz in die Ukraine
In der Ukraine scheint, trotz intensiver Verhandlungen, noch kein Frieden absehbar zu sein. Nichtsdestotrotz sind seit Kurzem wieder Zuschauer an Spielen der Premjer-Liha zugelassen. Dies unter der Auflage, dass Mannschaften, Staff und Publikum in den nahegelegenen Schutzbunkern untergebracht werden können, falls es zu Angriffen aus der Luft käme. In der Ukraine will man ein Zeichen gegen Russland setzen, und sich unbeeindruckt eine gewisse "Normalität" schaffen. Dennoch bleibt die Lage sehr volatil. Für Hussayn Touati ist es der neue Alltag. Der 23-jährige Flügelspieler verliess den Neuchâtel Xamax FCS in dieser Transferperiode, um beim FK Oleksandrija zu unterschreiben. Der Verein aus der Mitte des Landes stand ebenfalls in der Quali-Phase zur UEFA Conference League, unterlag dort allerdings dem FK Partizan Belgrad (Serbien).
Rund drei Autostunden ist Oleksandrija von der Frontlinie entfernt. Das entspricht in etwa der Strecke von Genf nach Zürich. Drei Stunden zwischen (freiwillig gewähltem) Arbeitsort, Mord, Totschlag und Zerstörung. Bei seinem neuen Arbeitgeber ist Touati nicht der einzige Akteur mit Super-League-Vergangenheit. Auch Théo Ndicka (ehemals GC) schnürt seit Januar seine Schuhe für die "Mistiany". Wir hoffen auch hier, dass sich die Situation bald beruhigt. Und dass die "Scheinnormalität" im osteuropäischen Land, einer langanhaltenden, friedlichen Normalität weicht.
Foto: fco.com.ua
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