Auch wenn die letzten Wochen nicht immer einfach waren, gibt es am Horizont über dem Genfersee einen kleinen Lichtblick - Florian Ayé.
Was wurde auf den Angreifer eingedroschen, als er vor einem knappen Monat in der Stockhorn Arena eine Hundertprozentige liegen liess. Das Spiel gegen den Überraschungsleader aus dem Berner Oberland war der vermeintliche Weckruf, den Ayé gebraucht hatte. Denn seither läuft es ihm, auf persönlicher Ebene, ganz gut. In der Super League steht er bei 11 Einsätzen, 6 Toren und zwei Assists. Noch sind das nicht die Statistiken eines "Monsterknipsers" - doch die Tendenz stimmt.
Schwieriger Start
Zurückhaltend zeigte sich der Servette-Anhang, als Ayé im letzten August den Medien vorgestellt wurde. Der ehemalige Juniorennationalspieler Frankreichs kam aus einer schwierigen Saison bei der AJ Auxerre, mit welcher er sich in der Ligue 1 behaupten konnte. Auch wenn er bei den Fans ein gutes Ansehen hatte, sass der Offensivakteur zu Spielbeginn oftmals nur auf der Bank. Dass er meist nur für die Schlussminuten eingewechselt wurde, behagte dem 28-jährigen nicht mehr. Er entschloss sich, seinen Stammklub zu verlassen und unterschrieb in der Schweiz.
Bei seinem ersten Einsatz im Stade de Genève unterlief dem Debütanten ein Fauxpas. Im Heimspiel gegen die Grasshoppers schnappte sich Ayé, beim Stand von 0:1, nach 56 Minuten den Ball und wollte einen Penalty ausführen. Torwart Hammel konnte parieren und verhinderte den Traumeinstand des Neuankömmlings. "Das nimmt mir nicht das Selbstvertrauen. Ich bleibe in der Liste der Elfmeterchützen", liess sich Ayé später im französischsprachigen Blick zitieren. Gegen GC gelang ihm immerhin noch die Vorlage zum 1:1 durch Lamine Fomba. Ein kleiner Trost, denn die grosse Enttäuschung folgte ein paar Tage später.
Es war ein Donnerstagabend in Krakau. Im Rahmen der Qualifikation zur UEFA Conference League traf der Servette FC auf den FK Shakhtar Donezk. Gegen die Millionentruppe aus dem Donbass brauchten die Grenats jeden Mann. Trainer Gourvennec wollte aus dem Vollen schöpfen - doch er durfte nicht! Die Verantwortlichen beim SFC haben vergessen, Ayé bei der UEFA anzumelden (wir berichteten). Der Spieler war nicht spielberechtigt und verpasste, aufgrund einer Regel in den Lizenzierungsrichtlinien, auch das Rückspiel. Dort unterlag Servette dem übermächtigen Gegner, nach einem kräftezehrenden Kampf, in der Verlängerung. Das Ziel "Europa" musste schon früh abgehakt werden. "Ich kann nicht leugnen, dass ich enttäuscht war", erklärte der Mittelstürmer ebenfalls dem Blick. "Ich bin auch wegen den europäischen Einsätzen nach Genf gekommen. Nun ist die Situation aber so, wie sie ist. Wir müssen nach vorne schauen und uns auf die Meisterschaft konzentrieren."
Empfehlung eines bekannten Freundes
Dass Ayé im Sommer ausgerechnet in Genf gelandet ist, war kein Zufall. Gegenüber der Tribune de Genève liess er durchsickern, dass ihm von Beginn weg gefallen habe, was der Klub mit ihm vorhabe. Ausschlaggebend war dann aber doch jemand anderes - Moussa Diallo! Er war der Erste, den Ayé nach Erhalt des Angebots angerufen habe. "Er ist mein bester Freund, mein Bruder! Er hat mir alles über Servette und den schweizer Fussball erzählt!", erzählt der Franko-Beniner über seinen Kumpel aus der Zeit im Auxerre-Nachwuchs. Der ehemalige Verteidiger der Grenats sei sogar sein Trauzeuge gewesen - und er umgekehrt bei ihm. Diallo habe ihm gesagt, dass er zum SFC passen würde. Der heutige Spieler von Nîmes Olympique soll Ayé auch dazu gedrängt haben, seine eigene, schwierige Situation auszublenden. Vor allem im letzten Jahr musste Diallo hartes Brot essen. Unter Thomas Häberli kam er zu keinem einzigen Pfichtspieleinsatz. Vorgänger Weiler setzte ebenfalls nicht auf ihn.
Integration geglückt
Florian Ayé gefällt das Mannschaftsleben in der Rhône-Stadt. Die Integration ins Team fiel ihm auch deshalb leicht, weil er mehrere seiner neuen Mitspieler bereits gekannt habe. Gegen Timothé Cognat habe er auf Nachwuchsstufe öfters gespielt. Lamine Fomba ist ebenfalls in der Juniorenabteilung der AJ Auxerre zum Profi gereift. Mit Yoan Severin sei er für Frankreichs Nachwuchsnationalteams aufgelaufen, und auch David Douline ist ein alter Bekannter des Torjägers. Mit ihm teilte er in der Saison 2018/201 die Garderobe bei Clermont Foot 63.
Hier in der Schweiz gefällt unserer Nummer 97 der lockere, warme Umgang miteinander. Es erinnere ihn an vorherige Stationen in Frankreich. Ganz anders sei dies in Italien gewesen, wo Ayé bei Brescia Calcio unter Vertrag stand. "Alle waren für sich. Zum Teil machte es dein Eindruck, dass jeder seine Stunden absitzen wolle - als wäre es ein Job im Büro", urteilte er in der Tribune de Genève. Psychisch sei die Zeit in der Lombardei schwierig gewesen.
Bei Servette soll es nun besser werden. Mit Alexis Antunes habe er von Beginn weg eine Verbindung gehabt. Und auch das Zusammenspiel mit Sturmkollege Samuel Mráz soll noch optimiert werden. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob Ayé Wort hält. Schon kommenden Samstag sind wir in Luzern wieder auf seine Tore angewiesen.

Social Media