Die Ära Häberli ist vorbei. Gerade deshalb lag es gestern Abend umso mehr an den Servettiens, eine Reaktion auf den schlechten Saisonstart zu zeigen. Interimscoach Bojan Dimic wollte bereits vor der Partie Ruhe in die Mannschaft bringen, und klärte z.B. die Goaliefrage frühzeitig. Dass dem SFC in dier EL-Qualifikationspartie mit Samuel Mráz der beste Angreifer fehlt, war bereits klar. Nicht einkalkuliert waren allerdings die Ausfälle von Alexis Antunes und Steve Rouiller. Beide mussten verletzungsbedingt passen.
Trotz der Ausfälle legte Servette eine kleine Starteuphorie an den Tag. Mazikou kam zu einer frühen Torchance. Dies entschärfte Barkas im Utrecht-Tor aber noch ohne Probleme. Die ersten Minuten gefielen. Die Genfer zeigen sich zweikampfstark, offensiv und leidenschaftlich. Diese Kombination führte zu weiteren Abschlussversuchen und zu einem Eckball nach 12 Minuten. Dieser wurde kurz ausgeführt. Rouiller-Ersatz Baron spediert die Kugel in die Gefahrenzone. Dort köpft Stevanovic weiter zu Guillemenot, der komplett vergessen geht und zum 1:0 einnickt! "Jawoll!", ein Start nach Mass!
Vom Eredivisionär sah man zu Beginn wenig. Nur selten wurde es brenzlig. Und wenn, dann standen die Gäste oftmals im Offside oder wurden vom starken Srdanovic gestoppt. In den letzten Spielen legte man sich die Bälle oftmals selbst rein. Und auch gestern ging der Puls kurz hoch, als Mall das Leder, in einer ungefährlichen Szene, viel zu weit vorlegte. Der Torhüter bügelte seinen Fehler in Extremis aus und schlug den Ball nach vorne. Dort wurde der Befreiungsschlag zur Vorlage für Varela. Der Linksaussen steuerte mit viel Tempo auf das gegnerische Gehäuse zu. Bei seinem Abschlussversuch fehlten dann einige Zentimeter, um das 2:0 zu erzielen. Es wäre, zu dem Zeitpunkt, durchaus verdient gewesen.
Der FC Utrecht trat nicht so dominant an, wie man es zuerst erwartet hätte. Ein Abschluss von Jensen war nach 39 Minuten die grösste Chance, welche die Niederländer hatten. Mall parierte den satten Flachschuss mit den Beinen.
Mit einer Führung und mit Beifall von den Rängen verabschiedeten sich die Grenats in die Pause. Es war die beste Halbzeit, die man in dieser Spielzeit gesehen hatte.
So langsam dunkelte es ein und der Mond schob langsam über den Salève, den genfer Hausberg. Und irgendwie wurde man den Gedanken nicht los, dass sich die Servettiens vor der Dunkelheit fürchten. Denn die Minuten nach Wiederanpfiff wirkten sehr nervös. Die Gäste nutzten die Unsicherheit aus und setzten ein Pressing an. In der 52. Minute geht Cathline an Mazikou vorbei. Der französische Offensivspieler schlägt den Ball scharf zur Mitte. Baron fälscht unglücklich ab. Die Kugel landet im Netz - Utrecht jubelt über das 1:1.
Jetzt hiess es, die Nerven bloss nicht zu verlieren - und dann geschieht es halt doch! Nur drei Minuten nach dem Gegentreffer tritt Elkarouani einen Freistoss in den Sechzehner. Horemans kommt frei zum Kopfball und dreht die Partie zum 1:2! Nicht schon wieder! Vom feurigen, offensiven Auftritt wird innert Minuten ein Flächenbrand in der Defensive. Und dieser war noch nicht gelöscht. Zechiël kommt, zehn Minuten nach dem 1:1, an der Strafraumgrenze zum Abschluss. Mit einem präzisen Flachschuss düpiert er Mall zum 1:3 und lässt den mit Gästeblock explodieren. Die über 2'000 angereisten Fans der "Domstedelingen" bekamen nun die Mannschaft zu sehen, für welche sie angereist sind.
Nach dem dritten Treffer fing sich der SFC wieder. Nun hiess die Mission aber "Schadensbgegrenzung". Mit einem Distanzversuch gab Fomba die Richtung vor. Für richtige Gefahr auf das Tor von Barkas reichte dies allerdings noch nicht. Dafür brauchte es Ersatzkapitän Cognat. Der Franzose kam im Strafraum zum Abschluss, verzog aber knapp! Dimic wechselte munter durch und scheute sich nicht vor Experimenten. Atangana kam zu seinem ersten Pflichtspieleinsatz für die Profis - und zu einer ersten guten Möglichkeit. Sein Kopfballversuch brachte das Publikum zum Raunen, aber nicht zum Jubeln. Das Spielgerät landete hinter dem Tor.
Schlussendlich musste man sich mit dem 1.3 abfinden. Utrecht macht einen grossen Schritt in Richtung Play-Offs. Servette bleibt bloss die Hoffnung auf einen Exploit im Rückspiel. Positive Andeutungen gab es in der Pressekonferenz nach dem Spiel. Dimic vermutet, dass zumindest Antunes, Mráz und Rouiller ins Aufgebot zurückkehren könnten. Nun gilt es, auf der guten ersten Halbzeit aufzubauen, und am Sonntag gegen die Grasshoppers Selbstvertrauen zu tanken.
Servette FC – FC Utrecht 1:3 (1:0)
Stade de Genève : 11'744 Zuschauer
Schiedsrichter : Harm Osmers ; Dominik Schaal, Christian Gittelmann (Deutschland)
VAR : Tobias Reichel ; Sören Storks (Deutschland)
Tore : 12' Guillemenot (1:0), 52' Baron (Eigentor) (1:1), 55' Horemans (1:2), 62' Zechiël (1:3)
Servette FC : Mall ; Srdanovic (57' Magnin), Bronn, Baron, Mazikou ; Fomba, Cognat ; Stevanovic, Morandi (57' Ondoua), Varela (82' Atangana) ; Guillemenot (70' Jallow)
FC Utrecht : Barkas ; van der Hoorn (75' Didden), Horemans, Elkarouani, Viergever ; Jensen (70' de Wit), Engwanda-Ongena, Zechiël ; Blake (75' Rodríguez), Cathline (83' Murkin), Min (70' Ohio)
Verwarnungen : 10' Viergever, 27' Srdanovic, 80' Zechiël, 90'+2 Frick, 90'+5 Bronn
Bemerkungen : Servette ohne Severin (Gesperrt), Anselme, Antunes, Douline, Mráz, Rouiller (Verletzt), Atangana, Scandurra, Simo (Nicht im Aufgebot), SFC-Pflichtspieldebüt für Jamie Atangana ; Utrecht ohne Eerdhuijzen, El Arguioui, Iqbal, Jenner (Verletzt), Akkerman, Arcos, Den Boggende, Edhart, Eppink, Eversen, Ghaddari, Held, Kloosterboer, Kooy, Menzo, Plantinga, Sneijder, van de Haar, van den Berg, van der Mast, Wegen (Nicht im Aufgebot)
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