Das wichtigste Dokument der Transferphase
So funktioniert die Kontingentsliste
Es war ein riesiger Fauxpas, der den Servette-Verantwortlichen im Winter 2024 unterlaufen war. Damals vergass man, die im Winter verpflichteten Spieler bei der Liga anzumelden. Stürmer Bassirou N'Diaye und Verteidiger Omar Rekik sahen in die Röhre. Sie verfolgten die Rückrunde von der Tribüne aus.
Mittlerweile befinden wir uns wieder in einer Transferphase. Neuzugänge müssen neu lizensiert werden, Abgänge sind abzumelden. Dies hat bis zum Montag, 08.09.2025 um 23:59 Uhr zu erfolgen. Im Zentrum der Qualifizierung steht die sogenannte "Kontingentsliste". Ein Dokument, das die Transferaktivitäten jedes Klubs prägt. Wie ist die Liste aufgebaut? Was ist ein "HTP"? Und wie versucht die Swiss Football League die Jugend zu fördern? Diese Fragen beantworten wir hier:
Die Kontingentsliste
Dieses zentrale Dokument regelt, welche Spieler eines Vereins eingesetzt werden dürfen. Man kann von einer "offiziellen Kaderliste" sprechen. In der Super League hat die Liste Platz für 25 Akteure. In der Challenge League sind lediglich 21 Spieler zugelassen. Jeder Spieler, der zum Einsatz kommt, muss namentlich auf der Liste stehen. Ansonsten droht eine Forfaitniederlage. Ist die Liste voll, dürfen keine neuen Spieler eingesetzt werden. Dies ist erst dann wieder möglich, wenn ein anderer Spieler von der Liste genommen wird. Jedoch gibt es auch hier Vorschriften, nur unter welchen Umständen dies gemacht werden darf (siehe unten). Ein einfacher Transfer reicht nicht zwingend aus.
Optisch enthält die Kontingentsliste zwei Tabellen. Was auffällt ist, dass die obere der beiden, in zwei Bereiche aufgeteilt ist. Nebst den Spieler-, und allfälligen Künstlernamen, sind Informationen wie Rückennummer, Geburtsdatum, Nationalität, "Fussballnationalität" und "HTP" aufgeführt. Die Begriffe gehen wir im Detail durch. Als Beispiel nehmen wir die Servette-Kontingentsliste der abgelaufenen Spielzeit.
Name, Künstlername & Geburtsdatum
Diese Infos dienen lediglich zu Identifikationszwecken und haben keinen Einfluss darauf, ob ein Spieler eingesetzt werden darf.
Rückennummer
Auch diese Angabe ist nicht sonderlich relevant. Falls zwei Spieler gleich heissen und am selben Tag geboren sind, dient die Info zur finalen Unterscheidung.
Nationalität
Hier wird festgehalten, welche Staatsbürgerschaft ein Spieler besitzt. Bei Doppelbürgern wird in der Regel die Nationalität erwähnt, welche lizenztechnisch vorteilhafter ist.
Fussballnationalität
Bei dieser Nationalitätsangabe erfolgt eine Unterteilung in "National" oder "Ausland". Nebst Schweizern, fallen auch EU-Bürger sowie Spieler aus Ländern wie Island, Liechtenstein oder Norwegen (= EFTA-Staaten) in die Kategorie "National". Dies steht in direktem Zusammenhang mit den Personenfreizügigkeitsabkommen, welche die Schweiz vereinbart hat. "Ausland" umfasst alle Akteure aus Drittstaaten. Im Falle von Doppelbürgern kommt jetzt die lizenztechnisch "bessere" Nationalität zum Tragen. Im oben gezeigten Beispiel wird Joseph Nonge nur als Belgier ausgewiesen. Dass er auch den Pass der demokratischen Republik Kongo besitzt, findet keine Erwähnung.
Für die Lizenzierung sind Nationalität und Fussballnationalität irrelevant. Das Reglement der SFL besagt jedoch, dass pro Team maximal fünf "Fussballausländer" gleichzeitig auf dem Feld stehen dürfen. Das ist einer der Gründe, weshalb man eher verhalten Spieler aus Afrika oder Südamerika verpflichtet. Aus Sicht der Spieler zeigt es aber auch, wie wichtig ein europäischer Pass sein kann. Ex-Servettien Alioune Ndoye stammt aus dem Senegal. Im Gegensatz zu vielen anderen Spielern, die aus der ehemaligen, französischen Kolonie stammen, besitzt er aber keinen französischen Pass. Vielleicht war dies einer der entscheidenen Punkte, die gegen eine definitive Übernahme des Stürmers gesprochen haben. Dylan Bronn, der als tunesischer Nationalspieler zum SFC stösst, ist in Frankreich geboren und besitzt ebendiesen Pass. Entsprechend gilt er bei der SFL als Franzose und fällt in die Kategorie "National".
HTP
Die Abkürzung steht für "Home Trained Player". Damit gemeint ist ein lokal ausgebildeter Spieler. Darunter fallen alle Fussballer, die zwischen der Vollendung des 15. und des 21. Lebensjahres mindestens 36 Monate bei einem Verein in der Schweiz gespielt haben. Spieler, welche dieses Kriterium nicht erfüllen, werden als "Non-HTP" bezeichnet. Ungeachtet deren Nationalität. Bei den Non-HTP schränkt die Liga das Kontingent ein. So dürfen maximal 17 solcher Spieler im offiziellen Kader eines Klubs stehen. Sollte ein Verein 17 Non-HTPs auf seiner Liste haben, dürfen nur noch Akteure verpflichtet werden, welche in der Schweiz ausgebildet worden sind. Allerdings auch hier nur, bis die maximale Kadergrösse von 25 Personen ausgeschöpft worden ist. Aus diesem Grund ist die obere Tabelle der Kontingentsliste unterteilt worden.
Mit der HTP-Regelung möchte der SFV erreichen, dass die Klubs der Super- und Challenge League lokale Talente fördern - ungeachtet von ihrer Nationalität. So gilt zum Beispiel Keyan Varela als HTP, obschon dieser nur den portugiesischen Pass besitzt. Neo-Nationalspieler Lucas Blondel (CA Boca Juniors /ARG) würde hingegem, trotz rotem Pass, als Non-HTP zählen. Der Rechtsverteidiger stand in seiner Jugend ausschliesslich für Vereine aus Argentinien auf dem Platz.
Lokal ausgebildete Spieler unter 21 Jahren
In der unteren Hälfte der Kontingentsliste befindet sich eine zweite Tabelle. Diese fasst die HTPs unter 21 Jahren zusammen. Diese benötigen, aufgrund einer Sonderregelung, keinen eigenen Platz auf der Kontingentsliste. Entsprechend müssen sie nicht in der oberen Tabelle erfasst werden und zählen ebenso nicht in die maximale Kadergrösse. Klassischerweise fallen die ganzen Nachwuchstalente wie Tiemoko Ouattara, Loun Srdanovic oder Keyan Varela in diesen Bereich. Théo Magnin, der ebenfalls aus der Juniorenakademie der Grenats stammt, wird ab kommender Saison zum ersten Mal einen fixen Platz auf der Kontingentsliste beanspruchen. Er wird im August 22 Jahre alt.
Genau diese Regelung ist es, die Trainern die Angst vor Experimenten mit jungen Talenten nehmen soll. Gleichzeitig wirkt sie aber auch als Schleudersitz für Spieler, die sich mit 22 Jahren noch nicht durchsetzen konnten. Aktuellstes Beispiel ist Sidiki Camara, der keinen Platz in den Plänen von Thomas Häberli hat. Zu riskant wäre es, einen Kaderplatz für einen Ergänzungsspieler zu verschwenden.
Non-HTP-Akteure fallen nicht unter diese Sonderregelung. Dies war mitunter ein Grund, weshalb Alexander Lyng kaum Chancen auf Einsatzzeit hatte. René Weiler setzte damals lieber auf junge Schweizer, als sich einen Kaderplatz mit einem dänischen Junioreninternationalen zu blockieren.
Bei den U21-Spielern mit HTP-Status gilt übrigens keine Qualifikationsfrist. Sie können jederzeit ins Fanionteam befördert und eingesetzt werden.
Wie können Namen von der Kontingentsliste gestrichen werden?
Die SFL lässt Streichungen von Namen zu. Dennoch können die Vereine nicht schalten und walten, wie es ihnen gefällt. In fünf Fällen lässt die SFL Streichungen zu:
- Im Sommer können Spieler von der Liste gestrichen werden, wenn sie spätestens in der vorherigen Winterpause verpflichtet worden sind.
- Im Winter lassen sich Spieler streichen, welche in der laufenden Spielzeiz noch nie zum Einsatz gekommen sind (Schweizer Cup & Super League)
- Pro Saison dürfen bis zu zwei Spieler gestrichen werden, die während der Saison an einen anderen Klub verliehen worden sind
- Non-HTP-Spieler unter 21 Jahren können nachträglich gestrichen werden, wenn sie während einer Saison die Bedingungen eines HTP-Spielers erfüllen (z.B. 36 Monate in der Schweiz im Einsatz)
- Ebenfalls in der Winterpause dürften bis zu drei Spieler von der Kontingentsliste gestrichen werden, die keinen der obengenannten Punkte erfüllen
In sonstigen Fällen (z.B. Todesfall eines Spielers) muss eine Ausnahmegenehmigung der SFL beantragt werden.
Alles in allem gilt es die Kontingentierung gut zu planen. Abwanderungswillige Spieler könnten, bei einem Einsatz zu Saisonbeginn, ungewollt auf der Liste verbleiben. Junge Ausländer müssen einschlagen, wenn sie im Fanionteam zum Zug kommen. Die Anzahl Fussballausländer sollte ebenfalls nicht zu hoch sein, damit man nicht mit einem Wechselfehler eine Niederlage am grünen Tisch riskiert. Gute HTPs sind hingegen sehr gefragt, weshalb man dort immer den Markt sondieren muss.
Blind darf also definitiv nicht eingekauft werden. Die Verantwortlichen im Klub müssen sich intensivst mit der Kaderplanung auseinandersetzen. Sind wir gespannt, welche Namen in den nächsten Tagen und Wochen noch aus dem Hut gezaubert werden. Übrigens! Die aktuellste, gültige Version der Kontingentsliste ist hier einsehbar.
Fotos: sfl.ch & R.B.