Gestern Abend war es endlich soweit! Das Spiel der Spiele sollte im Stade de Genève abgehalten werden. Im Cup-Halbfinal gastierte der FC Lugano beim Tabellenzweiten der Super League. Im Vergleich zum überraschenden Heimsieg gegen YB, wechselte Alain Geiger nur auf einer Position. In er Abwehr erhielt der arrivierte Steve Rouiller den Vorzug gegenüber Nicolas Vouilloz.
Im Vorfeld der Partie fragte man sich, mit welcher Einstellung die Gastgeber ins Spiel gehen würden. Die Antwort gab es bereits in den Startminuten. Powerfussball mit viel Zug nach vorne war angesagt. Kutesa wirbelte und rannte, was das Zeug hält. Nach 13 Minuten war es dann auch der Flügelspieler, der mit einem ersten Warnschuss die Richtung vorgab. Die Startphase gehörte komplett den Genfern. Diese drückten dann auch in der 22. Spielminute. Mbabu hat auf der rechten Seite viel Zeit. Ein Steilpass des Aussenverteidigers erreichte Stevanovic. Mit viel Übersicht legt dieser zu Kutesa rüber, der unbedrängt zum 1:0 einschiebt. Jetzt war etwas los im Stade de Genève! Die Hütte bebte und der SFC schien auf direktem Weg nach Bern zu sein. Kutesa versuchte nachzulegen. Sein Schuss bereitete FCL-Goalie Osigwe jedoch kein Kopfzerbrechen. Lugano hielt sich bis zu diesem Zeitpunkt dezent zurück. Erst nach einer halben Stunde wagten sich die Gäste zielstrebig in die Offensive. Und das liebevoll betreut von der Servette-Defensive. Doumbia spaziert seelenruhig durch die genfer Platzhälfte. An der Strafraumgrenze angekommen, passt er hinter die Abwehrreihe, wo sich Aliseda freilief. Dieser zieht aus spitzem Winkel ab und markiert trocken das 1:1. Da rieben sich die Genfer verwundert die Augen.
Der Gegentreffer schockte die Geiger-Truppe. Lugano nutzte die Unsicherheit aus und versuchte nachzudoppeln. Sabbatini schickte Frick mit einem Distanzversuch auf einen Kurzstreckenflug. Der Torhüter segelte durch den Sechzehner und fischte das Geschoss aus dem Winkel.
Nach dem "Beinahe-Doppelschlag" schienen sich die Grenats wieder gefangen zu haben. Schnell sollte die Führung wieder hergestellt werden. Knappe zehn Minuten vor dem Seitenwechsel hatte Clichy eine Idee. Der Routinier schlug einen traumhaften weiten Ball auf Stevanovic. Dieser versucht das Zuspiel unter Kontrolle zu bringen und setzt zum Lupfer an. Valenzuela stört den Bosnier dabei im entscheidenden Moment. Der Lupfer verliert an Schwung und kann von Hajdari von der Liste gekratzt werden. Damit ist die Szene aber noch nicht vorbei. Über Umwege gelangt das Leder zu Cognat, der Osigwe aber zu wenig in Bedrängnis bringen kann.
Es ging langsam in Richtung Pause. Vorher meldeten sich aber nochmals die Tessiner zu Wort. Steffen treibt den Ball in die Gefahrenzone. Der Nationalspieler bedient Aliseda, der Mbabu auf dem falschen Fuss erwischt und Frick mit seinem Abschluss zum 1:2 düpiert. Es war die überraschende, wenn nicht sogar unverdiente Pausenführung für den FC Lugano.
Zum Start von Halbzeit zwei sollte auf Seiten der Heimmannschaft nichts schief gehen. Trotzdem lief man gleich bei Wiederanpfiff in einen Konter. Aliseda lanciert den gut postierten Celar. Dieser legt zur Mitte, wo die mitgeeilten Aliseda und Steffen aus bester Position den Ball verfehlen. Dusel für die Calvin-Städter, die sich mit dem Kopf wohl noch in der Kabine befanden. Wenig später rollte ein erneuter Lugano-Angriff heran. Diesmal war es Kapitän Sabbatini, der das Runde nicht im Eckigen unterzubringen vermochte.
Eine gute Stunde stand auf der Uhr, da sah sich Geiger zu einer Reaktion gezwungen. Pflücke und Touati ersetzten Antunes und Kutesa. Und der Wechsel schien sich beinahe auszuzahlen. Bedia versucht sich am gegnerischen Strafraum durchzutanken. Statt den Abschluss zu suchen, spielt er mit dem Absatz zu Touati, der dann jedoch zu wenig aus seiner Abschlussposition macht. Osigwe hielt die Führung fest.
Bis tief in die Schlussphase war das Spiel nun von unflätigem Zeitspiel der Luganesi geprägt. Schiedsrichter San liess zuerst gewähren, ehe es gelbe Karten hagelte. Die Servettiens schienen am Zeitspiel kaputt zu gehen. Doch es kam anders! In der sechsten Minute der Nachspielzeit verzögerte Arigoni einen Abschlag. Nach Erhalt der gelben Karte eilte der Verteidiger nach vorne und brachte die Defensive Zuordnung durcheinander. Touati holte den Ballbesitz auf die genfer Seite zurück und bediente Pflücke. Dieser hatte Platz und nutzte diesen, um eine letzte Flanke in den Strafraum zu schlagen. In der Mitte verpasste Rouiller, doch die Aktion war noch nicht vorbei. Stevanovic hielt das Leder im Spiel. Die SFC-Lebensversicherung legte klug auf Crivelli zurück, der wiederum nicht lange fackelte und das Ding unter die Latte zimmerte! 2:2! Der absolute Wahnsinn! Im Stadion brachen wieder alle Dämme!
Es ging in die Verlängerung! Der erste Abschnitt blieb lange ohne grosse Aufreger. Dann schickte Mbabu seinen Vordermann Stevanovic in die Tiefe. Stevanovic bündelte alle Energiereserven und erlief sich das Zuspiel. Gleichzeitig bewahrte er aber einen klaren Kopf und leitete unvermittelt in den Sechzehner weiter. Crivelli nahm den Ball mit vollem Risiko. Osigwe war zwar da, doch der Schlussmann der Gäste liess abprallen! Plötzlich stand Pflücke allein vor dem Tor. Der Offensivakteur hatte das 3:2 auf dem Fuss, brachte das Spielgerät aber nicht am Torwart vorbei, der sich gerade noch in den Schuss werfen konnte.
Die "Bianconeri" reagierten auf den Schock mit einem letzten Aufbäumen. Viel mehr als zwei Distanzschüsse von Amoura und Doumbia brachten aber auch sie nicht mehr zu Stande. So dauerte es bis zur die 118. Minute, ehe es nochmals brenzlig wurde. Eine Ecke von Pflücke erreichte Rouillers Kopf. Mit der Stirn leitete der Abwehrpatron auf Mbabu weiter, der per Fallrückzieher spektakulär verzog.
Das Penaltyschiessen musste entscheiden. Eine Lotterie, der man eigentlich aus dem Weg gehen wollte. Geschossen wurde in Richtung der leeren Südtribüne.
Als erstes trat Celar für den FC Lugano an. Der Slowene verzögerte und schickte Frick in die falsche Ecke – 0:1.
Für die Grenats startete Stevanovic. Mit Gewalt in die Mitte – ein probates Mittel, das zum 1:1 reicht.
Bottani sollte mit seiner Erfahrung den FCL wieder in Front schiessen. Frick roch den Braten, war aber zu langsam – 1:2.
Beim SFC machte sich Pflücke bereit. Der Deutsche blieb cool und verwandelte souverän zum 2:2.
Das Zittern ging weiter – Amoura versenkt zum 2:3, Crivelli stellt gekonnt auf 3:3.
Macek legte sich als vierter Lugano-Schütze den Ball zurecht. Der Tscheche verlädt Frick zum 3:4.
Bei den Genfern holte Mbabu Anlauf. Dem so erfahrenen Aussenback flatterten die Nerven. Sein Schuss landete neben dem Gehäuse. Damit war das Finalticket für die Gäste zum Greifen nah.
Sabbatini übernahm die Verantwortung – und wie! Wuchtig hämmerte er das Leder unter die Latte und seine Farben ins Wankdorf! 3:5!
Servette, allen voran Kevin Mbabu, versank im Tal der Tränen. So knapp war man dem Finaleinzug seit zwanzig Jahren nicht mehr. Man hatte es in den eigenen Füssen, liess den Gegner aber in den entscheidenden Momenten zu viel gewähren. Neidlos musste man anerkennen, dass Lugano reifer und abgezockter auftrat. Trotz, in Bezug auf das Zeitspiel, extrem unsportlichem Verhalten qualifiziert sich das Team von Mattia Croci-Torti nicht unverdient für die Finalbegegnung.
Für Servette geht es am Wochenende mit der Auswärtspartie in Sion weiter. Es bleibt zu hoffen, dass die gestern absolvierten 120 Minuten nicht all zu sehr in den Beinen der Geiger-Elf stecken.
Servette FC – FC Lugano 3:5 n.E. (2:2) (2:2) (2:2) (1:2)
Stade de Genève : 12'544 Zuschauer
Schiedsrichter : Fedayi San
VAR : Sandro Schärer ; Johannes von Mandach
Tore : 22' Kutesa (1:0), 31' Aliseda (1:1), 40' Aliseda (1:2), 90'+6 Crivelli (2:2)
Servette FC : Frick ; Mbabu, Rouiller, Severin, Clichy ; Cespedes (46' Diba (119' Baron)), Cognat (90'+4 Valls) ; Stevanovic, Antunes (62' Touati), Kutesa (62' Pflücke) ; Bedia (79' Crivelli)
FC Lugano : Osigwe ; Arigoni, Daprelà, Hajdari, Valenzuela (114' Facchinetti) ; Doumbia, Sabbatini ; Steffen (75' Amoura), Bislimi (74' Macek), Aliseda (85' Bottani) ; Celar
Verwarnungen : 46' Frick, 48' Doumbia, 48' Bedia, 55' Hajdari, 83' Crivelli, 86' Sabbatini, 87' Osigwe, 89' Daprelà, 90' Diba, 90'+3 Valenzuela, 90'+3 Mbabu, 90'+5 Rouiller, 90'+6 Arigoni
Bemerkungen : Servette ohne Diallo, Douline, Fofana, Magnin (Verletzt), Bauer, Besson, Chaïbi, Deana, Camara, Kaloga, Ndema, Ouattara, Salihi, Sawadogo, Souaré (Nicht im Aufgebot) ; Lugano ohne Mahmoud, Mahou, Mai, Morosoli, Nkama (Verletzt), Angstmann, Berbic, De Jesus, De Queiroz, Mina, Molino, Srdic, Stöber (Nicht im Aufgebot)

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