Europa-Träume von Shakhtar begraben
Die Sensation war greifbar, der Griff ging daneben
Servette in Europa? Das fällt diesen Herbst ins Wasser. Die Grenats verpassen den Exploit gegen Shakhtar, obschon die Chancen auf ein Weiterkommen intakt gewesen wären.
Ohne Srdanovic, aber mit Magnin ging es bei strömendem Regen auf den Rasen des Stade de Genèves. Und dort versuchte das Heimteam schon früh, den ersten Treffer zu erzielen. Nach einer kurz gespielten Ecke flankt Baron auf den zweiten Pfosten. Dort schien Stevanovic etwas gar überrascht. Der Bosnier verfehlte die Kugel aus bester Position.
Im Gegensatz zum Hinspiel traten die Ukrainer weniger dominant auf. Den zahlreichen, verspielten Brasilianern im Kader, schien die glitschige Unterlage nicht zu bekommen. Erst nach 39 Minuten feuerte Kevin ein erstes gefährliches Geschoss auf den Servette-Kasten. Mall ist schnell unten und entschärft problemlos. Der Torwart der Genfer hatte gleich noch einen Einsatz, als Mazikou um Zweikampf mit Bondarenko wegrutschte. Der Shakhtar-Mittelfeldspieler stand alleine im Strafraum. Mit viel Einsatz stibitzte ihm Mall die Kugel vom Fuss.
Vom Schockmoment auf der einen Seite, zum Schockmoment in der anderen Platzhälfte. Noch vor der Pause legt Mráz am Sechzehnerrand für Njoh auf. Der zieht sofort ab und knallt das Leder an den Pfosten! Das wäre ein Ding gewesen!
So ging es aber torlos in die Kabine. Die nächsten 45 Minuten sollten es richten.
Bei Wiederanpfiff zeigten die Gäste ein anderes Gesicht. Trainer Arda Turan schien die richtigen Worte gefunden zu haben und liess seine Farben pressen. Sudakov gab mit einem Pfostenschuss aus der Ferne die Marschrichtung vor. Der Offensivdrang hatte aber auch seine Tücken. Denn hinten war Donezk nun anfällig. So wie in der 53. Minute, als sich Magnin an der eigenen Eckfahne den Ball zurückeroberte. Via Fomba und Antunes landete dieser bei Mráz. Der Slowake spielte einen Traumpass in den Lauf von Stevanovic. Dieser behielt die Übersicht und legte wiederum quer. Dort rannte Njoh wie entfesselt mit. Der Franko-Kameruner erläuft sich das Zuspiel und bleibt ganz cool. Njoh schiess die Kugel an Goalie Riznyk vorbei und verwandelt zum 1:0! Da war es, das ach so wichtige Tor!
Shakhtar musste reagieren und tat dies mit Ocheretko. Dessen Distanzversuch wird geblockt, entpuppt sich aber zur idealen Vorlage für Kevin. Der Brasilianer taucht alleine vor dem Servette-Tor auf, scheitert dann, aus spitzem Winkel, am starken Mall.
Die Minuten verstrichen und man hatte irgendwie das Gefühl, dass, trotz gegnerischem Chancenplus, etwas drinliegt. Doch wie so oft machen sich die Servettiens das Leben selber schwer. Mazikou tritt den eingewechselten Elias an der Strafraumecke um. Ein klares Foul, das auch der Unparteiische so sah. Absolut unnötig! Kevin war es egal. Der auffälligste Shakhtar-Spieler nahm Anlauf und verlud Mall zum 1:1 nach 70 Minuten. Zwanzig Minuten vor Schluss war nichts verloren, obwohl man sich dennoch mit leeren Händen im Regen stehen sah.
In den vergangenen Wochen kassierte der SFC oftmals zwei Tore direkt hintereinander. Das wusste man auch in der Ukraine. Denn Shakhtar drückte sofort auf den Siegtreffer. Zwei Minuten nach dem Ausgleichstor hiel Henrique volley drauf. Das Geschoss des Linksverteidigers sauste am Gehäuse vorbei. Der Knall brachte die Konzentration im Lager der Rhône-Städter zurück. Man überstand die Schlussphase ohne Aufreger und rettete sich in die Verlängerung.
Und auch dort ging es so weiter, wie in der regulären Spielzeit. Der Verein aus dem Donbas suchte die Führung. Augenblicke nach Wiederanpfiff schlug Sudakov eine Flanke in die Gefahrenzone. Der Ball ging an Freund und Feind vorbei und landete nur knapp neben dem Pfosten. Aufatmen beim Servette-Anhang - aber nicht für lange! Denn einige Zeigerumdrehungen später, rollte der nächste Angriff an. Kevin schloss diesen mit einem Schuss von der Strafraumgrenze ab - und traf die Torumrandung! Die Gäste liessen Chance um Chance liegen.
Ein letztes Mal wurden die Seiten gewechselt.
Das Bild blieb, zum wiederholten Male, unverändert. Die erste gute Möglichkeit ging auf das Konto der Osteuropäer. Elias liess Mall fliegen. Der zypriotische Nationaltorhüter hielt das Unentschieden fest. Doch nach 113 Minuten konnte auch er nichts mehr ausrichten. Dann vertändelte Guillemenot den Ball gegen einen Verteidiger. Sofort schaltete Shakhtar um. Elias "vernaschte" Baron, Mazikou und den zurückgeeilten Guillemenot. Der 19-jährige Stürmer kam zum Abschluss und erwischte Mall in der nahen Ecke - 1:2! Das ging viel zu einfach! Mit dem Tor stach Elias der Gourvennec-Truppe einen Dolch in die Brust. Denn von diesem Gegentor erholten sich die Hausherren nicht mehr.
So zieht Shakhtar verdient in die Ligaphase der UEFA Conference League ein. Servette erlebt seinen Albtraum und schlittert durch sämtliche Qualifikationsrunden der drei UEFA-Wettbewerbe. Es ist ein Millionenbetrag, der den Genfern damit flöten geht. Zu einfach machte man es den Gegnern. Denn, nebst dem Penalty-Geschenk an Shakhtar, bleiben die dumme rote Karte gegen Viktoria Pilsen, die dortige "Elfmetergabe" sowie die vergessene Lizenzierung von Florian Ayé in Erinnerung. Hinzu kommt der frühe Trainerwechsel, der ebenfalls an der Stabilität der Mannschaft nagte. Nun heisst es wieder geduldig zu sein. Denn jetzt muss man dringend Punkte in der Meisterschaft sammeln, um nächstes Jahr wieder in Europa angreifen zu können. Am Sonntag gastiert der FC Luzern im Stade de Genève. Es wird die Super-League-Premiere für Jocelyn Gourvennec - wir hoffen auf eine gute!
Servette FC – FK Shakhtar Donezk 1:2 n.V. (1:1) (1:1) (0:0)
Stade de Genève : 13'224 Zuschauer
Schiedsrichter : Guillermo Cuadra Fernández ; Guadalupe Porras Ayuso, Angel Nevado (Spanien)
VAR : Mateo Busquets Ferrer ; César Soto Grado (Spanien)
Tore : 53' Njoh (1:0), 70' Kevin (Foulpenalty) (1:1), 113' Elias (1:2)
Servette FC : Mall ; Magnin, Bronn, Baron, Mazikou ; Stevanovic (114' Morandi), Cognat (106' Guillemenot), Fomba (114' Jallow), Njoh (73' Ondoua) ; Antunes (83' Ouattara), Mráz (65' Varela)
FK Shakhtar Donezk : Riznyk ; Tobías (68' Konoplia), Bondar, Matviyenko, Henrique (100' Azarov) ; Marlon (68' Ferreira) ; Santana (55' Pedrinho), Bondarenko (55' Elias), Ocheretko (100' Santos), Kevin ; Sudakov
Verwarnungen : 29' Stevanovic, 54' Njoh, 90' Magnin, 90'+3 Kevin, 114' Elias, 119' Pedrinho, 119' Ondoua, 120'+4 Bronn
Rot : 80' Srna [Sportdirektor), 120'+4 Khlivnyuk [?], 120'+4 Blanco [Goalietrainer]
Bemerkungen : Servette ohne Douline, Rouiller, Severin (Verletzt), Anselme, Vincent (Nicht im Aufgebot), Ayé (Noch nicht qualifiziert), 43' Pfostenschuss von Njoh ; Shakhtar ohne Eguinaldo, Kryskiv, Newertton (Verletzt), Bahlai, Ghram, Tsukanov, Tvardovskyi (Nicht im Aufgebot), Meirelles (Noch nicht qualifiziert), 48' Pfostenschuss von Sudakov, 102' Pfostenschuss von Kevin