Winterthurer Spielbericht

04.08.2008 00:00:00 | maroons

Ein Bericht aus dem Winterthurer Landbote


Ihre ersten drei Punkte der Saison hatten sich die «Jungfüchse» des FCW mit Spassfussball erspielt, den ihnen ein erstaunlich passiver und ängstlicher FC Locarno erlaubte. Am Samstag aber mussten die Winterthurer - was sie kaum wirklich überraschen konnte - feststellen, dass Fussball auch in harte Arbeit ausarten kann. Und dass sie dennoch nach den 90 zähen Minuten gegen Servette den zweiten «Dreier» auf dem Konto hatten - das war das Erfreuliche an diesem zweiten Spiel.
Eine wirkliche Freude für ihre Zuschauer und sichtbarer Spass für die Fussballer des FCW war der Match gegen die Genfer nicht. Dafür taten sich die Winterthurer viel zu schwer, ihre Spielkultur durchzusetzen. Genau genommen gelang es ihnen nie. Aber sie können sich wenigstens dafür loben lassen, den Kampf angenommen und defensiv standgehalten zu haben. Weil sie auch im zweiten Spiel einen Gegentreffer vermeiden konnten, reichte ihnen für den Sieg, dass sie den mit Abstand grössten individuellen Fehler, der an diesem Tag begangen wurde, zu einem Tor nutzen konnten.

Bühlers schnelle Reaktion

Vielleicht 15 Sekunden waren nach der Pause gespielt, als Winterthurs neuer Stürmer Julian Bühler schneller als Servettes Torhüter David Marques erkannte, dass der Rückpass des Innenverteidigers Jérôme Schneider zu kurz sein würde. Bühler erlief sich den Ball vor Marques und schob ihn am Goalie vorbei über die Linie - das Spiel war entschieden.
Vor der Pause hatte deutlich mehr auf ein Unentschieden als auf diesen für den FCW günstigen Ausgang hingedeutet. Servette hatte offensichtlich Lehren gezogen - aus seinem Fehlstart im ersten Spiel, als es gegen den FC Lugano schon nach 14 Minuten 0:2 zurücklag; aber wohl auch aus dem Auftritt des FC Locarno auf der Schützenwiese, der mit seiner zu defensiven Ausrichtung völlig gescheitert war.

Also begannen die Genfer diesmal im Mittelfeld sehr aggressiv, sie standen sehr hoch und wollten damit den FCW unter Druck setzen und auf jeden Fall den Eindruck vermeiden, die Anfangsphase eines Spiels wieder zu verschlafen. Das glückte ihnen insofern, als sie Spiel und Gegner unter Kontrolle bekamen und den FCW kaum je nennenswerte Angriffe entwickeln liessen. Allerdings wars auch eher eine Sache der Optik als der fassbaren Fakten. Zwar war der FCW 45 Minuten lang kaum je fähig, so schnell zu spielen, dass er das Genfer Mittelfeld aussichtsreich überwinden konnte. Aber bei Halbzeit war doch - aus Genfer Sicht: nur - diese Bilanz zu ziehen: mehr Ballbesitz, mehr Spielanteile für Servette, dazu ein Lattenschuss Vincent Rüflis aus 22 Metern. Auf der andern Seite aber auch eine klare Torchance, die Sandro Lombardi nach 25 Minuten vergab.


Kaum mehr Torchancen

Lombardi blieb zur Pause mit Rückenbeschwerden in der Kabine. Für ihn erschien Mato Simunovic. Trainer Mathias Walther stellte aber auch sonst leicht um: Bühler deckte nun die rechte, Fabio Digenti die linke Flanke ab, dazwischen unterstützte Simunovic das Mittelfeld, und Tomo Barlecaj war noch die einzige Sturmspitze. Defensiv ging diese Rollenverteilung deutlich besser auf. Zwar behielt Servette ein Plus an Ballbesitz, aber bis zum Schluss spielte es nicht mehr eine nennenswerte Torchance heraus.
Mal musste Marwin Hitz einen guten Freistoss abwehren, wiederholt griff er sich Flankenbälle sicher - und insgesamt war doch erfreuliche Konsequenz der Solidarität und Kampfbereitschaft der Mannschaft auch an einem solchen Tag, dass ein knapper Vorsprung relativ problemlos über die Zeit gebracht werden konnte. Schön anzuschauen wars nicht, es war eindeutig mehr Kampf und Krampf als Technik und Spielkunst. Die Winterthurer wirkten, zumal jene vom offensiven Departement, auch nicht so spritzig wie eine Woche zuvor, aber sie erreichten, was ein Arbeitssieg zu nennen ist. Oder anders formuliert: Siege diesen Zuschnitts sind es, die eine Spitzenmannschaft ausmachen. Was nicht heissen soll, der FCW werde - mit sechs Punkten aus zwei Heimspielen - dieser Qualifikation schon gerecht.

Individuell gut gespielt haben der Torhüter und die Verteidiger, allerdings «nur» defensiv. Im Spiel nach vorne hatten auch sie nicht ihren besten Tag, nicht mal Captain Pascal Thrier, dem doch einige Zuspiele missglückten.

Das zentrale Duo Luca Zuffi/Amir Abrashi hatte es - im Vergleich zur leichten Aufgabe gegen den FC Locarno - diesmal besonders schwer. Aber wie sie sich auch gegen deutlich härteren Widerstand gerade in ihrer Zone wehrten, war doch aller Ehren wert. Will sich der FCW auf Dauer in den oberen, wenn nicht gar obersten Gefilden der Tabelle halten, muss er in der Offensive allerdings mehr bringen. Ob das nun Bühler, der immerhin seine Chance nutzte, ist oder Barlecaj, Digenti und Lombardi. Und auch der Österreicher Simunovic, der den Eindruck erweckt, als Neuer zu viel zu wollen und deshalb zu oft den richtigen Zeitpunkt für einen Pass verpasst oder auch die einfachste Lösung nicht findet.


Die Genfer «frustriert»

Dass sich die Genfer hinterher «frustriert» (Trainer Michel Sauthier) zeigten, war begreiflich. Sie hätten das Spiel des FCW gut gekontert, stellte Sauthier zu Recht fest, «und wir hätten es verdient, mit einem Punkt heimzukehren.» Zieht man in Betracht, dass Servette zehn Spieler fehlten, zuletzt auch noch der erfahrene Linksverteidiger Aleksandar Bratic, dem auf der Anreise übel geworden war, verdient seine Vorstellung Respekt.

Anderseits waren seine Stürmer halt doch zu wenig durchschlagskräftig, war das Spiel des Mittelfelds zwar physisch stark, aber nicht eben kreativ. Und die Verteidigung liess, war der FCW mal bis zu ihr vorgestossen, doch klare individuelle Mängel erkennen. Der grösste war schliesslich auch spielentscheidend.

In letzter Minute wurde dann auch noch die Absenzenliste fürs nächste Spiel verlängert: Der bei einem FCW-Konter zurückgeeilte Stürmer Abdoul Karim Yoda musste gegen Youngster Kevin Zuber zur Notbremse greifen und wurde vom Platz gestellt. Es war ein Tag, der für Servette auch keine Réussite bereithielt.


+ + +  M A T C H T E L E G R A M M  + + +

FC Winterthur – Servette 1:0 (0:0)
Samstag, 2. August 2008, 17.30h - Stadion Schützenwiese – 2600 Fans – SR Klossner

Tor: 46. Bühler 1:0

FCW: Hitz; Von Niederhäusern, Thrier, Schnorf, Radice; Digenti (68. Gähwiler), Abrashi, Luca Zuffi, Lombardi (46. Simunovic); Barlecaj, Bühler (84. Zuber)

Servette: Marques; Ratta, Schneider, Da Costa, Quaresima; Rüfli, N’Diaye (80. Lonfat), Pont, Braizat; Moukoko (63. N’Tiamoah), Yoda

Bemerkungen: FCW ohne Senn, Aziawonou, Ljimani (verletzt oder rekonvaleszent) und Timité (noch in Afrika); Lombardi mit Rückenbeschwerden ausgeschieden; in der 2. Halbzeit Bühler rechts, Simunovic zentral und Digenti links im offensiven Mittelfeld, Barlecaj einzige Sturmspitze. – Servette ohne Girod, Celestini, Guillou, Boughanem, Bouziane, Tréand, Vitkieviez (verletzt), Bratic (auf der Reise von Unwohlsein befallen) und Ersatztorhüter Novelle (gesperrt). 40. Lattenschuss Rüflis. – Platzverweis: 92. Yoda (Notbremsefoul)

Verwarnungen: 47. Schneider (Foul), 62. N’Diaye (grobes Foul), 69. Quaresima (grobes Foul), 83. Thrier (Foul), 90. Gähwiler (Foul).

www.fcwinterthur.ch   ste