Vorschau auf den Biel Match und Bericht über Zubi

31.10.2014 00:00:00 | maroons

 

 

Sonntag, 02. November 2014 15:00 Uhr

FC BIEL - SERVETTE FC

Stadion Gurzelen

Türöffnung 14.00 Uhr

 

Aeby: «Die Emotionen bleiben in der Kabine» 

Zum ersten Mal in seiner 14-jährigen Trainer-Karriere coacht der Genfer Jean-Michel Aeby ein Team gegen seinen Herzens-Klub. Das Spiel am Sonntag gegen den Servette FC wird deshalb zu einer ganz besonderen Partie für den aktuellen Biel-Trainer, wie auch für den treusten Servettien Tibert Pont.

Er ist in Genf geboren und aufgewachsen, hat für den Servette FC zwischen 1991 bis 1996 als Aktiver gespielt und anschliessend von 2005 bis 2008 die «Grenats» als Trainer betreut. Im Januar 2013 kehrte Jean-Michel Aeby als Assistent zu seinem Stammklub zurück und übernahm nach der Entlassung von Sébastien Fournier am 20. August 2013 erneut den Chefsessel in der Calvinstadt, bis zu seiner Entlassung am vergangenen 2. April. Kaum einer hat solche ein Bindung zu einem Klub wie Aeby zu Servette. «Auch wenn ich schwierige Zeiten in Genf erlebt habe, so hab ich doch vor allem die wunderschönen Erlebnisse in Erinnerung behalten und unvergessliche Momente erleben dürfen», bilanziert Aeby, der seit dem 1. September Schlusslicht Biel wieder auf Vordermann bringen soll.

Als Spieler stand er schon oft gegen seine alte Liebe auf dem Feld. Zum Beispiel mit der AC Bellinzona, Lausanne-Sport oder Etoile Carouge. Doch als Trainer wird der mittlerweile 48-Jährige am Sonntag erstmals ein Team gegen Servette auf den Rasen führen. 14 Jahre hat es gedauert. «Das wird ganz speziell für mich. Doch die Emotionen müssen in der Kabine bleiben», gesteht Aeby. «Heute denke ich ausschliesslich an den FC Biel-Bienne und versuche all meine positive Energie auf die Mannschaft zu übertragen.» Zuletzt hatte das nicht schlecht geklappt. Gegen Wil gab es einen 4:1-Sieg, in Lugano nur eine knappe 1:2-Niederlage. Eine leichte Aufwärtstendenz ist zu erkennen und lässt die Seeländer wieder hoffen.

Pont: «Mit Aeby habe ich tolle Momente erlebt»

Auch für Tibert Pont wird es ein spezielles Wiedersehen. Der Servettien kennt Aeby seit langem. Als Kind war er jeweils mit einem Ball unter dem Arm auf der Carouger Fontenette anzutreffen, um seinen Idolen zuzusehen. Seit 1996 ist der Sohn von Ex-Nati-Assistenzcoach Michel Pont beim Servette FC und hat mit den «Grenats» schon alles erlebt und durchgemacht. Auch den Aufstieg in die Challenge League 2006 unter seinem Trainer Jean-Michel Aeby. «Es ist eine meiner schönsten Erinnerungen meiner Karriere», gesteht der Genfer Mittelfeldspieler. «Wir haben viele tolle Momente zusammen erlebt. Ich freue mich sehr, ihn wieder zu sehen.» Die Freundschaft der beiden wird aber für 90 Minuten plus Nachspielzeit eine Pause einlegen müssen. Auf dem Rasen will niemand Geschenke verteilen.

Die Statistik spricht aber klar für die Genfer, die seit dem 4. April 2009 nie mehr ein Direktduell gegen Biel verloren haben (7 Siege/2 Remis). Servette liegt nach einem Drittel der Meisterschaft auf Rang 4, auf Leader Wohlen fehlen 4 Zähler. Am vergangenen Samstag wurde dieser mit 1:0 bezwungen. Nun muss gegen den Tabellenletzten die Bestätigung folgen, wenn der SFC weiterhin um den Aufstieg mitkämpfen will.

http://www.sfl.ch/news/news/artikel/aeby-die-emotionen-bleiben-in-der-kabine/

 

 

Im Stau mit Zubi

Der Challenge-League-Club Servette FC strebt mit neuem Konzept nach dem Erfolg alter Zeiten. Mittendrin und mit unüberhörbarem Einsatz dabei: Pascal Zuberbühler.

Pascal Zuberbühler steht in Genf vor seinem weissen Seat, Typ Alhambra, und macht ein Angebot. Eines mit unabsehbaren Folgen: «Sie müssen ja nach Zürich. Wenn Sie wollen, nehm’ ich Sie mit bis nach Bern.» Abgemacht. Zuberbühler steigt ein, wählt einen Remix, startet den Motor und beginnt zu erzählen. Erst ruhig, dann zunehmend mit Verve. 2013, als er nach Genf kam, «da war nichts, rein gar nichts. Diese On-verra-Einstellung hier, furchtbar!» Die Stadt hinter sich gelassen, frisst der Seat auf der Autobahn Kilometer um Kilometer, Zuberbühler spricht und spricht, bis er irgendwo vor Lausanne ins Stocken kommt: Stau. Im Stau mit Zubi. Jener Mann, der bei Servette als Goalietrainer angestellt ist und auf dessen Visitenkarte Technischer Direktor steht. Eine Bezeichnung, die er nicht mag. Was wäre besser? Goalietrainer plus? «Schreiben Sie, ich bin hier in alle Entscheidungen involviert.»

Trainingsplatz Stade de Balexert. Vier Stunden vorher. Training von Servette. Da steht Mario Cantaluppi, der Assistenztrainer. Dort spielt Johan Vonlanthen – zu unglaublich tiefen Bezügen, sagt Zuberbühler. Hier jongliert der vereinslose Reto Ziegler. Der 18-jährige Maxime ­Dominguez dehnt seine Muskeln – ein ­Talent, von halb Europa beobachtet, sagt Zuberbühler. U-18-Trainer Massimo Lombardo spaziert mit einem Rollkoffer vorbei. Da stehen aber auch unbekannte ­Betreuer auf dem Platz. Die Briten.

Meuterei drohte

Ein Fan aus dem Kanton Solothurn beobachtet das Training, er hat den Spielern Süsswaren aus der Dorfbäckerei mitgebracht. «Es wurde alles professioneller», sagt er, «seit die Briten hier sind.» Früher, vor zwei Jahren, da durfte man noch plauschhalber mitkicken. Heute steht vor dem Platz ein Schild: «Zutritt nur für Spieler und Betreuer erlaubt.» Die Briten – fünf an der Zahl – kamen zu Beginn dieses Sommers und brachten Strukturen von zu Hause mit. Ein Mann mit Doktortitel entwirft die Trainingspläne, die anderen kümmern sich um das Wohl der Mannschaft. Genf werde von einer ­Armada von Betreuern zu den Spielen begleitet, sagte neulich Wohlens Trainer Ciriaco Sforza. «Es ist hier nicht schlechter als bei einem Premier-League-Verein», sagt Trainer Kevin Cooper, ein Engländer, der in der Premier League ein Spiel absolviert hat. Einer, der die Uefa-Pro-Lizenz nicht hat und deshalb immer wieder nach Wales reist, um gemeinsam mit Vieira, Campbell oder Bellamy Kurse zu besuchen. Von diesem Cooper ist auf dem Platz nur die Trillerpfeife zu hören. Doch ein anderer, der beschallt das ganze Feld. Laut, lauter, allez! Immer wieder. Pascal Zuberbühler.

Ausfahrt Aubonne. 30 Minuten Stau sind vergangen. «Ich weiss, was andere über mich denken», sagt Zuberbühler. Er meint: laut, selbstbewusst, stur. Andere meinen: vorlaut, arrogant, uneinsichtig. «Ich habe mich damit abgefunden», sagt er. Der 43-Jährige kam nach Genf mit Eindrücken aus seiner Zeit bei Fulham, bei West Bromwich, bei Leverkusen, bei ­Basel. Er dachte, das machen wir hier auch so. Er strich Spieler und Angestellte von der Lohnliste, über zehn sollen es gewesen sein. Er führte die Jugendakademie mit dem Profiteam zusammen – zuvor hatte die erste Mannschaft in einem Park trainiert, fernab von den Junioren. Er holte neue Spieler, versetzte andere in die Nachwuchsteams. Die Presse, die Fans, die Spieler waren irritiert – vorsichtig ausgedrückt. Meuterei drohte. «Das habe ich mitbekommen», sagt Zuberb&uuuml;hler, «doch niemand traute sich, mir seine Kritik ins Gesicht zu sagen». Er habe einige mit seiner Art überfahren, hat Zuberbühler erkannt. Seither versuche er, seine Ideen etwas diplomatischer unter die Leute zu bringen.

Das Geld fehlt

Stade de Genève, das Stadion von Servette. Der Rasen ist perfekt geschnitten («der beste Rasen der Schweiz»), doch die einst granatroten Sitzplätze sind vergilbt, müssten längst ausgewechselt werden. Es fehlt dazu das Geld. Gemeinsam mit den Fans hat man begonnen, die kahlen Betonwände im Stadion zu streichen, überall prangt das neu aufgemalte Servette-Logo. Eine Business-Lounge hat der Verein gebaut, ein Visionspapier erstellt. Servettes Strategie basiert auf drei Stufen: professionelle Strukturen schaffen, eigene Talente eingliedern, Schlüsselspieler verpflichten. Stufe eins und zwei sind gezündet, für Stufe drei fehlt wiederum das Geld. Sponsoren und Fans müssten kommen. Sie kommen nicht. «Noch nicht», sagt Zuberbühler, «wir brauchen Zeit.»

Ausfahrt Morges, 60 Minuten im Stau. Jetzt könnte Zuberbühler auch mal verschnaufen. Noch immer spricht und spricht er. Im Auto ein Veston, viele Kaugummi, keine Zigaretten. Zuberbühler raucht nur Wasserpfeife. In regelmässigen Abständen klingelt sein Telefon. ­Eltern rufen an, fragen, weshalb ihre ­Buben nicht spielen; Spielerberater wie etwa Ivan Benito melden sich; die Fifa spricht aufs Band: «Herr Zuberbühler, Ihre Mailbox ist voll.» Zeit für Fragen: Sind Sie mit eigenem Geld im Club investiert? «Nein.» Haben Sie einen namhaften Sponsor gebracht? «Nein.» Wie kamen Sie zu diesem verantwortungsvollen Job? «Ich habe Hugh Quennec, den Servette-Präsidenten, bei einem Länderspiel in Genf getroffen.» Drei Stunden hätten sie miteinander gesprochen. Quennecs ­Vision, sein Charisma hätten ihn vom Projekt überzeugt, «und ich irgendwie ihn». Gleichermassen überzeugte Quennec auch den heutigen CEO Julian Jenkins, dieser war zuvor 10 Jahre Kommunikationschef beim FC Cardiff City. Mit ihm kam die britische Entourage.

Fifa-Hauptsitz in Zürich, einige Tage später. Der Zufall will, dass man sich durch Fensterscheiben eines Seminarraums sieht. Zuberbühler trägt Trainerhosen und besucht eine Weiterbildung – für ein Gespräch bleibt keine Zeit. Zeit, bei Zuberbühler ohnehin ein knappes Gut. Neben seiner Arbeit bei Servette trainiert er die Goalies der U-20-Nationalmannschaft, er ist bei Teleclub Experte und bei der Fifa als Goalietrainerausbildner engagiert. Seit dem Sommer ist er zudem Vater von Zwillingen. Um sechs Uhr morgens beginnt er in Genf zu arbeiten, das Büro verlässt er oft als Letzter.

«Glauben Sie mir nicht?»

Kurz vor Lausanne, der Stau löst sich nach 90 Minuten auf. Ein Wagen hatte vor einem Radarkasten abrupt abgebremst. «Auffahrunfall», sagt Zuberbühler. Hat er keine Angst, dass er mit seinen Ideen und seinem Streben nach Erfolg ebenfalls auffährt? «Nein, wir besprechen alles zu fünft, jeder Entscheid ist abgesprochen.» Zu fünft heisst, CEO Jenkins, Trainer Cooper, Akademiechef ­Patrick Bruggmann, Präsident Quennec und er. «Glauben Sie mir etwa nicht?» Je länger man mit Zuberbühler spricht, umso deutlicher wird, wie unwohl er sich fühlt in der zweithöchsten Liga – seine Bühne ist die Super League. Dann, nach drei langen, doch kurzweiligen Stunden ist Bern erreicht. Abschied. «Sie werden sehen, Servette spielt spätestens in zwei Jahren in der Super League.» (Tages-Anzeiger)

http://www.tagesanzeiger.ch/sport/fussball/Im-Stau-mit-Zubi/story/31984848