Interview mit ANDY EGLI

16.06.2010 00:00:00 | maroons
Exklusives Interview mit Andy Egli
 
Andy Egli spielte von 1992 – 1994 bei Servette. In Genf holte er, zum Ende seiner Karriere, den Meistertitel 1994.
Für maroons.ch reiste Peter nach Bern um ihm ein paar Fragen zu stellen.
 
Andy Egli, du hast im Spätherbst deiner Karriere für Servette gespielt. An was denkst du als Erstes wenn du „Servette“ hörst?
Haha, ja das war schon fast Spätwinter.
 
Aber ja. Servette war zu meiner Aktiv-Zeit einer der besten Vereine der Schweiz. Servette ist ja auch der zweiterfolgreichste Klub der Schweiz.
Mir gefiel zudem die Farbe der Trikots. Das Grenat sieht man sonst nicht so oft.
 
Zu Servette kam ich übrigens durch Zufall. Ich habe mich gegen das Ende meiner Xamax-Zeit nicht mehr so gut mit dem damaligen Trainer Uli Stielike verstanden. So telefonierte ich mit Servette-Trainer Michel Renquin, welcher dann meine Offerte akzeptierte.
Bei Servette spielte ich dann 2 Jahre. 1994 wurden wir sogar Meister. Meine Mitspieler wahren damals unter Anderem Christophe Ohrel, Sonny Anderson und José Sinval
 
Zuvor konntest du schon 4 Meisterschaften mit GC gewinnen. War der Titel in Genf anders als die Anderen?
Ja, der war ganz anders. Bei meinen 11 Jahren bei GC war es fast schon Gewohnheit geworden, vorne dabei zu sein.
Dann aber zu einen Welschen Verein zu wechseln, welcher gleichzeitig auch unser grösster Konkurrent war, war ein Reiz. Deshalb war es auch eine Bestätigung mit Servette Meister zu werden. Ich sah dadurch, dass man auch mit anderen Mannschaften Meister werden kann.
 
Stehst du noch in Kontakt mit ehemaligen Teamkollegen aus deiner Servette-Zeit?
Ja. Ich habe noch gelegentlich Kontakt mit Christophe Ohrel, Marco Grassi, Marco Pascolo oder Christophe Bonvin. Eigentlich vor Allem mit den ehemaligen Natikollegen.
Dann habe ich noch Kontakt mit dem ehemaligen Torhüter Jacky Barlie.
 
Wie sehr interessiert dich die Challenge League?
Ich schaue mir oft Spiele der Challenge League an.
A, weil mein Sohn beim FC Biel-Bienne spielt.
B, weil es eine klassische Ausbildungsliga ist.
Ich sehe gerne junge Spieler, die noch im Entwicklungsprozess sind. Mit der U21-Trophy werden die Vereine zusätzlich animiert, junge Spieler zu fördern und sie einzusetzen.
 
Am liebsten schaue ich mir die Spiele in Stadien an, in welchen ich selber auch schon gespielt habe. Dies wären die Schützenwiese in Winterthur oder die Pontaise in Lausanne.
 
Wie gesagt spielt dein Sohn Ramon beim FC Biel-Bienne. Wie oft sieht man Andy Egli auf der Tribüne des Stadion Gurzelen?
Ich würde sagen, dass ich mir knapp die Hälfte aller Heimspiele live im Stadion ansehe.
 
Jetzt arbeitest du als Trainer. Du hast den SC Cham vor dem Abstieg in die 2. Liga Interregio bewahrt. Gleiches hast du auch bei Langenthal und Zofingen geschafft. Seither giltst du in Cham als „der Unabsteigbare“. Was meinst du zu dieser Bezeichnung?
Das sind so Schlagwörter. Der FC Aarau galt ja auch als „Unabsteigbar“ weil er 30 Jahre lang nicht abgestiegen ist.
Ich weiss nicht ob der Name gerechtfertigt ist, nur weil ich das 3-Mal geschafft habe. Ich fand aber die Herausforderung bereits interessant, diese Vereine in kurzer Zeit zu beraten, und sie vor dem Abstieg zu retten.
Danach habe ich aber keinen Einfluss mehr. Das heisst, dass der Verein für die Zukunft selber weiterschauen muss.
 
Wenn wir schon bei deiner Arbeit als Trainer sind. Du hast auch bei Busan I-Park in Südkorea gearbeitet. Wie bist du zu diesem Job gekommen?
Das ging über persönliche Beziehungen. Ich habe einen Kollegen, der bei der FIFA arbeitet. Er erhielt eine Anfrage von Busan, ob er einen Trainer kennen würde, der die Mannschaft übernehmen könnte.
Diese Anfrage leitete er an mich weiter. Ich fand diese Aufgabe von Beginn an sehr interessant.
Am Rande der WM 2006 traf ich mich mit den Verantwortlichen des Vereins. Dabei kamen wir zum Schluss, dass ich diese Herausforderung antreten möchte, und sie einen Europäer fanden, der das europäische Fachwissen mitbringt.
Aufgrund der Ambitionen und der finanziellen Möglichkeiten von Busan, bin ich nur ein Jahr dort geblieben.
 
Wie ist der Fussball in Südkorea?
Meiner Meinung nach könnten alle 12 Mannschaften, die aufgrund der Sponsoren schon fast als Firmenmannschaften durchgehen könnten, in der Schweizer Super League mithalten.
Die ersten 4 Teams hätten sogar Titelchancen. Denn, die Koreaner sind physisch und technisch überdurchschnittlich in Asien.
 
Wie hast du die Liga gefunden?
Ich fand sie attraktiv, da Fussball in Südkorea nicht die Nationalsportart ist.
Die Liga hätte aber mehr Fans verdient.
Bei Busan, das ca. 4 Millionen Einwohner hat, spielten wir in einem Stadion, das für die WM 2002 erbaut wurde und 50'000 Zuschauer fasste. Unser Zuschauerschnitt lag aber bei nur 2'000 Zuschauern.
Den grössten Anhang haben die Suwon Bluewings und der FC Seoul, doch auch sie füllen die Stadien nicht. Dies schafft nur die Nationalmannschaft.
 
Wie hast du mit den Spielern kommuniziert? Hattest du einen Dolmetscher an der Seitenlinie?
Ja, ich hatte einen Dolmetscher vom Englischen ins Koreanische.
Etwa 98% der Koreaner sprechen kein Englisch. Bei Busan verstanden etwa 2 Spieler in einem 35-Mann-Kader einzelne Wörter. Es war aber unmöglich mit ihnen auch nur eine leichte Konversation zu führen.
Ich vertraute meiner Dolmetscherin aber und gewöhnte mich schnell daran. Ich hatte auch das Gefühl, dass die Spieler meine Anweisungen verstanden.
 
An der WM 2010 startete Südkorea mit einem 2:0 Startsieg gegen Griechenland. Was traust du den Südkoreanern im weiteren Turnierverlauf zu?
Ich glaube sie kommen auf Kosten von Nigeria weiter.
Im Achtelfinale wird es aber schwierig. Als möglicher Gegner könnte Frankreich warten, das aber in der aktuellen Form auch nicht unschlagbar ist.
Je nach dem liegt sogar der Viertelfinal drin.
 
In meinen Augen ist Südkorea die beste Mannschaft Asiens. Obschon das FIFA-Ranking etwas anderes sagt.
 
Wie stehen die Chancen der Schweiz?
Ich bin skeptisch. Obwohl Chile vom Ranking her besser ist, sind sie schlagbar.
Was ich aber ungünstig finde ist die Konstellation der Spiele. Denn, wenn die Schweiz gegen Spanien verliert muss ein Sieg gegen Chile her. Da sehe ich das Problem. Die Schweiz hat in letzter Zeit Probleme, zu gewinnen, wenn es wirklich drauf ankommt.
In der WM-Qualifikation waren sie zwar erfolgreich, zeigten aber nicht viel mehr als das Nötige.
Chile wird hierzulande oft unterschätzt, da der durchschnittliche Fussballfan keinen grossen Realitätssinn hat.
An der Euro 08 war es das gleiche, als man die anderen Teams in der Gruppe unterschätzte. Wir Schweizer schätzen uns falsch ein.
 
Im Fussball ist alles möglich, aber für mich wäre es eine Überraschung, wenn die Schweiz weiter käme.
 
1994 nahmst du an der WM in den USA teil. Du kamst nicht zum Einsatz. Was konntest du von dieser WM mitnehmen?
Ich beendete meine Karriere ja eigentlich vor der WM. Deshalb freute ich mich besonders, dass Roy Hodgson mich trotzdem mitnehmen wollte.
 
Es war grossartig, dass ich keinen Druck hatte, weil ich nicht zur Stammformation gehörte.
Ich konnte die Spiele mehr geniessen. Vor Allem das Spiel gegen Rumänien im Dome von Detroit. Die Spieler, die eingesetzt wurden, konnten die 10'000 mitgereisten Schweizer gar nicht richtig wahrnehmen.
 
Die obligatorische Frage, wenn man von der WM spricht. Wer wird Weltmeister?
Im Finale spielt Spanien gegen Brasilien…Spanien gewinnt.
 
Jetzt noch eine Frage aus dem Kontext heraus. Warum wird deiner Meinung nach im modernen Fussball nicht mehr mit Libero gespielt?
Die Erklärung ist sehr komplex, aber wenn man es taktisch ansieht ist es nachvollziehbar, weil man so die Zonen in der Tiefe einengen kann.
Ein Libero hebt das Abseits auf und gibt dem Gegner Raum hinter der Abwehr. Heute macht man den Raum enger. Die Abwehr schiebt nach vorne und zur Seite, um den Ballführenden unter Druck zu setzen. Vor 20 oder 30 Jahren hattest du für die Ballverarbeitung 5 Sekunden Zeit. Das heisst, 5 Sekunden für Ballannahme, Ball vorlegen und abspielen. Durch den Druck, der heute von den Verteidigern aufkommt, hast du noch etwa 1.5 Sekunden für das alles.
Mit einem Libero wäre es viel schwieriger diesen Druck aufzubringen.
 
Kurz & knapp: Andy Egli
 
Vorname, Name:
André Egli
 
Geboren / wo?
Am 8.5.1958 in Schaffhausen
 
Hobbys:
Jassen und Töff fahren
 
Lieblingsessen:
Keines, meine Frau kocht alles super.
 
Lieblingsgetränk:
Wasser und ein guter Rotwein. Ab und zu auch mal eine Cola.
 
Lieblingsverein:
Arsenal London
 
Schönstes Spiel meiner Karriere:
Da gab es viele geile Spiele. Aber wahrscheinlich das schönste Spiel war der Cupfinal 1983 mit GC gegen Servette.
Ich habe kurz vor Schluss den Ausgleichstreffer erzielt und ein Wiederholungsspiel verursacht.
Im Wiederholungsspiel gewannen wir 3:0. Ich erzielte das 1:0. Es war mein erster Cupsieg.
 
Website:
www.andy-egli.ch
 
Auf eine einsame Insel würde ich folgende 3 Sachen mitnehmen:
Jasskarten, wobei ich ja einen Jasspartner bräuchte, ein gutes Buch, und zur Erfrischung ein feines Müntschi-Bier von der Felsenau Brauerei in Bern.
 
Interview: Peter
 
/peter