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Servette, der Absteiger
Am Wochenende stellte Servette einen neuen Rekord auf: So gut wie die Genfer ist noch nie ein Verein in der obersten Schweizer Liga gestartet. Die Plätze im Stadion waren zudem zu 96,3 Prozent belegt. Das ist phänomenal.
Am Wochenende stellte Servette einen neuen Rekord auf: So schlecht wie die Genfer ist noch nie ein Verein in die Super League gestartet. Die Plätze im Stadion waren im Schnitt zu 20,5 Prozent belegt. Das ist erschreckend.
Sie werden es erraten haben: Den ersten Rekord stellten die Hockeyaner von Servette auf, die vor 7000 Zuschauern gegen Biel den neunten Sieg im neunten Spiel feiern durften. Der zweite Rekord gehört den Servette-Fussballern, die gegen Basel die zehnte Niederlage im zwölften Spiel kassiert haben, dabei 27 Gegentreffer zuliessen und die noch immer ohne Sieg sind. Das sind die Werte eines designierten Absteigers.
Präsident beider Klubs ist der Kanadier Hugh Quennec. Der Vorzeigeoptimist, der mit seiner Investorengruppe den Servette FC vor dem Konkurs rettete, hat sich das nach der angesichts der chaotischen Zustände und der ungewissen Zukunft famosen letzten Saison wohl anders vorgestellt. Auf dem vierten Rang liefen die Genfer damals ein, weshalb man bis Anfang August noch von der Europa League träumen durfte. Davon ist man derzeit meilenweit entfernt. Eine Überraschung ist das nur bedingt: Die Leihspieler Miranda, Saleiro und allen voran Ishmael Yartey zogen ebenso weiter wie Stéphane Nater (zum FCSG), mit dem nun deutlich bescheideneren Budget konnte sich Servette als Ersatz für die vormaligen Leistungsträger nur noch Pasche, Lang und Kusunga ausleihen. Die Qualitätseinbusse ist offensichtlich.
Auch der Trainerwechsel von João Alves zu Sébastien Fournier brachte bislang keine Besserung, auch wenn die Partie gegen den FCB gestern so etwas wie ein Lebenszeichen war. Fakt ist: Servette hat gerade mal zwei Pünktchen auf dem Konto, sieben Zähler Rückstand auf den rettenden Platz 9 und bereits 19 auf Platz 4, auf dem sie zum Ende der letzten Saison standen. Selbst gegen den Léman-Rivalen Lausanne – selbst ein heisser Abstiegskandidat – gab es heuer schon zwei Niederlagen und sechs Gegentore. Es ist zwar erst ein Drittel der Meisterschaft gespielt, doch für mich steht Servette schon fast sicher als künftiger Challenge-League-Verein fest.
Wie sagte Hugh Quennec, als er den Job beim Servette FC annahm? «Es ist wichtig, dass die Gesellschaft den Klub unterstützt. Ich stelle Zeit, Energie, Erfahrungen und Zuversicht zur Verfügung – Geld kommt von anderen Leuten. Von jenen Leuten, die gerne bereit sind, für das, was wir hier bieten, ein Ticket kaufen.» Nun musste er feststellen, dass dies nur sehr wenige sind. Den viertbesten Zuschauerschnitt hatten die Genfer noch letzte Saison, aktuell zieht nur gerade das kleine Thun noch weniger Publikum an als der 17-fache Schweizer Meister aus der zweitgrössten Stadt des Landes. Es ist eines der grossen Probleme des Klubs: Servette interessiert nur, wenn es an der Spitze mitspielt. Das genaue Gegenteil ist derzeit und in absehbarer Zeit der Fall.
«Servette soll stabil werden, für viele, viele Jahre», wünschte sich Quennec weiter im März dieses Jahres. Es blieb beim Wunsch. Auf dem Platz ist Servette nicht Super-League-tauglich, das Interesse der Bevölkerung schwindet mit jeder Niederlage. Der weitere Weg des Traditionsvereins scheint sich schon abzuzeichnen: Relegation, weiterer Zuschauerschwund, erliegendes Interesse von Investoren und Sponsoren – denn auch für die ist Servette nur dann verlockend, wenn man an der Spitze mitspielt.
Es ist eine wegweisende Spielzeit für Servette. Der Klub müsste sportlich die Leistungen der Vorsaison bestätigen, um wieder als Spitzenverein wahrgenommen zu werden, gleichzeitig muss die Führung das Vertrauen der Investoren zurückgewinnen. So wird das nix. Der zum Erfolg gezwungene Verein wird aller Voraussicht nach in die Challenge League fallen, und ob dann der «Winnertyp» (Selbstbezeichnung) Quennec noch Lust hat, «Zeit, Energie, Erfahrungen und Zuversicht» dafür zu opfern, steht noch offen. Falls nicht, findet sich Servette bald wieder dort, wo es nach Pishyars Flucht kürzlich schon einmal war. Nur eine Liga tiefer.
Mämä Sykora am Montag den 8. Oktober 2012
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